Meine Schatzkiste
Quillt über
Angefüllt in Jahrzehnten
Mit großzügigen Gaben
Aber nichts davon
Gehört mir.
Ich will jetzt ein wenig
aufräumen darin
es soll alles an Ort und Stelle sein.
Der Eigentümer kommt
Um sie abzuholen
Ganz unangemeldet.
Meinen Kopf lege ich weich gebettet
Ganz unten hinein
Er ist prall gefüllt
Mit Leben
Vom Lieben
von Bösem
vom Hören
vom Sehen
vom Denken
und von Monatsbriefen
und gleich hinter der Stirn
da muss alles vorbei
immer noch mein Gewissen.
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Ich setze ihm eine Mütze auf
In die sticke in hinein
„Diesen gebe ich ganz jung zurück
Kindlich bis auf den heutigen Tag.
Danke ! Und bis Du ihn holst
Will ich ihn noch gebrauchen“.
Meine Arme packe ich in eine Tasche ein
Damit sie zusammen bleiben.
Ich lege ein kleines Briefchen dazu:
„Vielen Dank für diese beiden,
sie waren vielseitig einzusetzen
zum Umarmen
zum Streicheln
um Bäume zu pflanzen
ihre Wipfel zu erreichen
und um sie zu fällen sogar.
Sie haben in den Jahren ein wenig gelitten
Einige Narben davongetragen
sind immer noch gut zu gebrauchen“
Mein Bauch kommt ganz in die Mitte
Mit Magen und Darm und Niere
Ich stelle in Körbchen
Mit Brot und Wurst dazu
Auch Kuchen Bananen und Bier
Für die Rast auf dem Weg
Mit dem Eigentümer.
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Meine Lunge darf ich hier nicht vergessen
Ich bin ihr zu Dank verpflichtet
Sie mag am liebsten Sauerstoff
Und gab mir freizügig ab
Sie geht dann zurück
Ganz gesund und munter
Und gut trainiert obendrein
Damit das so bleibt
Atmen wir weiter
Trotz Kälte und Wind
Und in des Sommers Hitze.
Nun kommen noch meine Beine dran
Ich weiß sie besonders zu schätzen
Von ihnen trenn ich mich gar nicht gern
Denn wir gingen laufend durchs Leben
Tartan und Waldweg kennen sie gut
Von vielen tausend Kilometern
Ich stelle ihnen eine Urkunde aus
Und erkläre sie hiermit zum Sieger
Ein Lorbeerkranz kommt auch mit hinein
Ich widme ihm gerne dem Geber.
Ich binde zwei rote Schleifen daran
An jedes von beiden eine
Und klatsche vor Begeisterung.
Meine Füße stelle ich vor die Kiste
In Demut
Mit Freude
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Voll Staunen.
Sie stecken noch in den Schuhen
Damit ich auch morgen noch laufen kann
Ein paar Tage würd` ich sie gern noch behalten.
Zwei Knie, zehn Zehen
Sind ein Wunderwerk
Aus Leistung
Haltbarkeit und Regeneration.
Auch hier stimme ich ein Loblied an
Zu ehren den Eigentümer
Das er mir diese Füße lieh.
In Ehrfurcht schaue ich sie täglich an
Das ist schon ein großes Danke wert
Ich war mit ihnen zufrieden!
Bitte lege sie selbst in die Kiste rein
Wenn Du kommst sie abzuholen.
Saubere Socken lege ich noch dazu
Die mögen sie tragen am Ehrentage.
Meine Pokale die geb` ich gern
Auch die sind nur gelieh`n auf Zeit.
Du hast mich reich beschenkt
Bis heute meine Hand gehalten.
Sogar ein Herz war am Anfang dabei
Es ist mit mir gewachsen
Es hüpfte vor Freude
In Kindertagen
Und schlug gar manches Mal rasend schnell
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Wir sind zusammengewachsen
Ganz unzertrennlich geworden
Ich will es nun verschenken
Persönlich möcht` ich`s Dir geben
Und das fällt mir nicht einmal schwer
Denn irgendwie bleibt es auch hier.
Meine Seele war nicht in der Kiste
Sie ist ja ein Teil von Dir
Ich hab sie beschützt und festgehalten
Vor Räubern und Dieben
Und Seelenlosen
Getrotzt hat sie vielen Versuchen
Zu behaupten sie sei tot
Sie lebt noch und will nach Haus !
Dein Klaus
9. Februar 2012