Mein Kaktus VI
menschen kann man mögen
lieben nur wenige
bäume kann man bewundern
sogar ins herz schließen
wenn man ihre sprache spricht
auch mit ihnen reden
ihre botschaft hören,
aber was ist mit Dir
alter freund
namenloser unscheinbarer
sie würden Dich behindert nennen
um Deine gestalt zu beschreiben
Du hast nicht das
was die schönen haben
für mich bist Du schön
auf Deine einzigartige weise,
die wunden
die ich Dir zugefügt
sind unübersehbar
das trägst Du mir nicht mehr nach
dafür mag ich Dich
sie haben Dich stark gemacht
Deine zähigkeit wuchs
immer wieder bist Du
aufgestanden
lehrtest mich vieles
wir sind zusammengewachsen
schon eine ganze weile
doch heute ist es an der zeit
um verzeihung zu bitten
für vieles
auch für meine gedankenlosigkeit
fast hätte ich Dich heuer vergiftet
mit einer überdosis tanninen
mann, ging`s Dir schlecht
Dein grün verblichen
zu totenfahlem braun
Deine haut so welk wie lange nicht
da ist mir das blut aus dem kopfe gewichen
nachdem wir so lange den frühling ersehnten
die katastrophe gleich zu beginn,
so hab ich Dich in den arm genommen
ganz zärtlich Dir ins ohr geflüstert
doch so einer wie Du
der sticht, sticht, sticht
da hab` ich`s erfasst
Du lebst!
So habe ich Dich gleich
mit frischem wasser geflutet
wenn einer Dich kennt
bin ich es
so leicht gibst Du nicht auf
bist hart im nehmen
wir passen zusammen
halt aus!
Die wasser des mai
kamen in fluten herab
und gaben Dir seinen segen
nun schau Dich an
Dein grün strahlt in alter frische
so prall deine triebe
mairegen bringt segen
Dir und mir
drum schreibe ich gleich
einen Dankesbrief.