„Es gibt Unangenehmes, ja Bitteres über den Westen,
über Europa, über uns selbst zu lernen. Was mich betrifft,
so hätte ich all das nicht für möglich gehalten.
Ich habe die Zeit der Krim-Krise als Tage der Lüge, der Täuschung
und des Opportunismus wahrgenommen. Ich rede nicht über Russland.
Ich rede über unsere Seite. Diese Erfahrungen werden mir unvergesslich
bleiben. Denn ich habe lernen müssen, dass Werte und Sicherungen außer
Kraft gesetzt waren, auf deren Verlässlichkeit ich fest gebaut hatte.
Das beginnt bei den Medien. In welcher Geschwindigkeit und Geschlossenheit
die meisten von ihnen auf den Modus des Kalten Kriegs umgeschaltet haben,
hat mich entsetzt. Statt kritischer Distanz zur eigenen Seite
und kühlem Kopf in der Hitze der Propagandaschlacht wurde
Heulen mit den Wölfen von heute auf morgen stilprägend.
Die Dämonisierung Russlands und Wladimir Putins hat eine Maß- und
Bedenkenlosigkeit erreicht, dass ich mich frage, wie man sich
davon wieder frei machen könnte – da Russland doch als Partner
gebraucht wird, etwa gegenüber Syrien und dem Iran. . . .“
Hans Ulrich Jörges
Mein Kommentar: Ich habe das für möglich gehalten,
es ist gängige Praxis hierzulande.
„Wann Krieg beginnt, das kann man wissen,
aber wann beginnt der Vorkrieg.
Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen.
In Ton, in Stein eingraben, überliefern.
Was stünde da? Da stünde, unter andern Sätzen:
Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen.“
Christa Wolf (Kassandra)